Trendstudie: Negativzins verunsichert Privatkunden
Die auf Banken und Sparkassen fokussierte Managementberatung Investors Marketing hat Ende August über 2.000 Privatkunden nach ihrem Wissensstand und ihrer Einstellung zu Negativzinsen auf Giro- und Sparguthaben befragt. Bemerkenswert ist: Trotz der aktuellen Präsenz des Themas in den Medien hat fast ein Drittel der Befragten noch nichts davon gehört, dass Banken ihrerseits Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie Gelder bei der EZB lagern. Ebenso vielen Kunden ist nicht bewusst, dass eine Einführung von Negativzinsen auch für Privatkunden in der Diskussion ist. „Insgesamt besteht ein hoher Aufklärungsbedarf, bevor von Seiten der Banken und Sparkassen über mögliche Maßnahmen zur Weitergabe von Strafzinsen nachgedacht werden sollte“, sagt Dr. Oliver Mihm, Vorstandschef von Investors Marketing.
- Zwei Drittel der Privatkunden haben schon von Negativzinsen gehört
- Nur 23 Prozent der Privatkunden rechnen mit Negativzinsen bei ihrer Bank oder Sparkasse
- Sehr hoher Kommunikationsbedarf – Banken müssen Kunden aufklären und Alternativen aufzeigen
Die „IM-Trendstudie 2019 – Negativzinsen aus Sicht der Kunden“ zeigt aber auch: Bei einem Teil der Privatkunden besteht durchaus ein Grundverständnis dafür, dass Banken ihre eigenen Kosten weitergeben müssen. Danach befragt, für wie wahrscheinlich sie die Einführung von Negativzinsen bei ihrem Institut halten, geben 23 Prozent wahrscheinlich an. 26 Prozent halten das für unwahrscheinlich, bei Direktbanken sind es sogar 40 Prozent. Auffällig ist, dass auch Kunden mit höheren Anlagebeträgen noch nicht mit Negativzinsen rechnen, obwohl sie von den Banken voraussichtlich eingeräumte Freigrenzen überschreiten könnten: Nur 26 Prozent erwarten die Einführung durch ihre Hausbank. Zwar haben gerade einmal 7 Prozent der Befragten spontan Verständnis dafür, dass Banken Negativzinsen an Privatkunden weiter-geben. Dessen ungeachtet würden 22 Prozent Negativzinsen bei ihrer Bank wahrscheinlich akzeptieren, auch wenn sie selbst betroffen wären.
Oliver Mihm: „Unter den Kunden herrscht eine hohe Unsicherheit darüber, was sie erwartet, und wie sie darauf reagieren könnten. Banken und Sparkassen sollten deshalb sehr überlegt vorgehen, ihre Kunden im aktiven Dialog auf die Einführung von Negativzinsen vorbereiten und zugleich sinnvolle Alternativen zu hohen Giro- und Sparguthaben anbieten. Denn Wissen und Informationstransfer sind bei den Privatkunden noch nicht vollständig angekommen. Und ein Verständnis für die Weitergabe negativer Zinsen kann nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden.“
Auf die Einführung von Negativzinsen durch die eigene Bank würden 52 Prozent der Befragten am ehesten mit einem Bankwechsel reagieren. Aber auch eine Umschichtung in Bargeld oder Sachwerte wie Immobilien oder Gold kommen für gut ein Drittel der Befragten in die engere Wahl. Nur jeder Zehnte gibt an, er würde wahrscheinlich gar nichts tun. Kunden von VR-Ban-ken haben eine geringere Wechselwahrscheinlichkeit, Kunden von Sparkassen würden eher in Bargeld wechseln. „In jedem Fall muss den Instituten bewusst sein, dass sie Kunden, die sie im Zuge dieser Maßnahmen verloren haben, nicht so leicht zurückgewinnen werden.“
Immerhin 22 Prozent der Befragten können sich vorstellen, Kontoguthaben in Wertpapiere umzuschichten. Kunden mit höheren Anlagebeträgen sind sogar zu 41 Prozent bereit für die Umschichtung in Wertpapiere. Für Banken und Sparkassen liegt darin die Chance, ihr Wertpapiergeschäft zu stärken. Ein Selbstläufer ist das freilich nicht: „Institute, die erwägen, Negativzinsen zu berechnen, sollten systematisch und strukturiert Aktivität in Richtung Wertpapiergeschäft entfalten“, so Oliver Mihm. „Es gilt, diese Chance nicht zu vergeben und Kunden gezielt anzuregen, in Alternativen zu denken.“
In jedem Fall sollten Banken im Vorfeld der Einführung von Negativzinsen prüfen, wie dieser Schritt in ihr Geschäftsmodell passt und dabei auch die mittel- und langfristigen Effekte berücksichtigen. „Gerade zu Beginn der Einführung ist mit spürbaren Ausweichreaktionen zu rechnen“, sagt Mihm. „Den Erträgen aus Zinsen sind die Kosten möglicher Kundenverluste und abgezogener Liquidität gegenüberzustellen. Mit einer konsequenten Ausrichtung am Kundenbedürfnis, die vor allem emotionale Faktoren der Kundenorientierung in den Mittelpunkt stellen – erlebte Fairness, Beziehung und Wertschätzung – lassen sich die negativen Effekte von Negativzinsen aber wirkungsvoll abfedern.“